Mein Weg raus aus der Brüllfalle – nach einem Film und Seminar von Wilfried Brüning

Etwas skeptisch war ich schon, zugegebenermaßen, als ich auserkoren wurde, eine Fortbildung zu besuchen. Eine Fortbildung, die auch noch betitelt war mit „Wege aus der Brüllfalle“. Ich – und raus aus der Brüllfalle? Ich, die impulsive, gern einmal laut werdende, eher ungeduldige Mama von Max (10) und Antonia (8)? Die Neugierde siegte schließlich, und nach dem zweiten Kaffee am Veranstaltungsort, dem Klever Rilano-Hotel, gelang es mir, meine Vorurteile auf Eis zu legen. Das Koffein wäre nicht unbedingt nötig gewesen, merkte ich schnell, schließlich bewies der Dozent kabarettistische, theatralisch wertvolle Qualitäten, die promptes Einschlafen ausschlossen.

Etwas skeptisch war ich schon, zugegebenermaßen, als ich auserkoren wurde, eine Fortbildung zu besuchen. Eine Fortbildung, die auch noch betitelt war mit „Wege aus der Brüllfalle“. Ich – und raus aus der Brüllfalle? Ich, die impulsive, gern einmal laut werdende, eher ungeduldige Mama von Max (10) und Antonia (8)? Die Neugierde siegte schließlich, und nach dem zweiten Kaffee am Veranstaltungsort, dem Klever Rilano-Hotel, gelang es mir, meine Vorurteile auf Eis zu legen. Das Koffein wäre nicht unbedingt nötig gewesen, merkte ich schnell, schließlich bewies der Dozent kabarettistische, theatralisch wertvolle Qualitäten, die promptes Einschlafen ausschlossen.

„Max! Würdest Du jetzt bitte sofort runterkommen, Deine Postmappe in den Ranzen packen, die Butterbrotdose in die Küche räumen, vorher aber die Jacke aufhängen und das Lego vom Teppich aufsammeln“, höre ich mich wild gestikulierend aus dem Wohnzimmer ins 80 Dezibel und 4 Höhenmeter entfernte Kinderzimmer brüllen.

Total sinnlos, uneffektiv und kraftvergeudend, lerne ich heute. „Wenn wir von unseren Kinder etwas möchten, so müssen wir für sie sichtbar werden, müssen unsere Augen, unsere Mimik und Gestik vor den Augen der Kinder einsetzen“, erläutert Brüning an jenem Tag im Rilano. Max soll spüren,dass ich es ernst meine. Inflationär auch mein punkt- und kommaloser Satz mit Substantiv- und Imperativ-Überflutung. „Einfache, kurze Sätze verwenden – und zwar ohne jegliche Hektik und Aufregung“, sagt Brüning nämlich. Stimmt, (nicht nur) Max hasst lange Vorträge, auf kurze Ansagen direkt ins Gesicht reagiert er nämlich tatsächlich (mehr oder weniger) unmittelbar: „Max, aufräumen!“ reicht ab sofort (meistens) völlig!

Nur Antonia, die bockt weiterhin und ignoriert mich geflissentlich. Ihre Baby-Born ist gerade viel interessanter als mein Erwachsenen-Gedöns.

„Jetzt ist es wichtig, zu schweigen“, sagt Brüning. Folge nämlich nach einer Aufforderung gekonntes Schweigen, steige der Entscheidungsdruck für die Kinder: Gebe ich dem Wunsch von Mama nach – oder soll ich eine ungemütliche Zuspitzung der Lage riskieren? Oft erfolge spätestens jetzt das Handeln.

„Antonia, wenn Du jetzt nicht sofort deine Klamotten vom Boden räumst, bekommst Du eine Woche lang keine Süßigkeiten!“

Ja, insgeheim weiß ich genau, dass Antonia diese (leere) Drohung am linken Ohr rein – am rechten direkt wieder rauslässt, sie kennt ja ihre Mama. „Genau“, sagt Brüning, „denn oft sprechen wir falsche oder nichternst gemeinte Drohungen aus.“ Wer Konsequenzen ankündige, die aber eh nicht eingefordert würden, mache sich unglaubwürdig und verunsichere seine Kinder. „Wie soll ein Kind denn verstehen, wann Sie es ernst meinen – und wann nicht?“

„Mama, darf ich an den Flugsimulator“, fragt Max. „Nein!“, meine knappe Antwort. Jetzt folgt die Frage im Zweiminuten-Takt…. „Aber ich habe doch schon meine Hausaufgaben gemacht. Darf ich?“ – „Nein!“ – „Andere Kinder dürfen aber auch nachmittags, nach den Aufgaben, an den Computer.

Ich versuche gerade, die Seite in meinem Buch zum vierten Mal zu beginnen. „Ok, aber nur 20 Minuten“, fauche ich entnervt.

Brüning erklärt: „Wir sollten nur dann ‚nein‘ sagen, wenn wir es auch wirklich ernst meinen, sonst lieber direkt ‚ja‘ sagen.“ Ein sofortiges ‚Ja‘ sei besser als ein zehnmaliges ‚Nein‘, das nachher in ein ‚Ja‘ umkippe.

Resümierend muss ich sagen, dass – wenn ich die Tipps bewusst beherzige – Max und Antonia tatsächlich in den meisten Fällen wesentlich zeitnaher reagieren als zuvor. Das spart Kraft, Nerven und Stimme, muss ich gestehen!

Eine Sache indes hat nicht funktioniert: So entgegnete ich Max nach dessen gefühlt 187. „Warum?“ stolz nach Brüning-Lehrbuch mit dem Sätzlein: „Warum, warum, warum…? – Ah, jetzt fällt es mir ein… Weil Quark keine Knochen hat!“ Eigentlich hätte Söhnchen jetzt verdutzt und baff dreinschauen müssen.

Indes, er fragt: „Wieso hat Quark eigentlich keine Knochen?“

Von Kerstin Olañeta